«Mission? Geht's noch?»

 

«Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern» (Mt. 28,19). Diese Worte, die der auferstandene Jesus Christus seinen Freunden als Abschiedsworte hinterliess, nehmen Christen und Christinnen bis heute ernst. Es handelt sich hierbei um den so genannten Missionsauftrag. Ich weiss nicht, welche Gefühle in Ihnen aufsteigen, wenn Sie das Wort «Mission» lesen. Vielleicht schwingt ein negativer Nachgeschmack mit. Das wäre dann darauf zurückzuführen, dass im Namen der Mission in der Kirchengeschichte auf verschiedene Art und Weise Macht ausgeübt wurde.

 

In diesem Artikel kommen unter anderem Menschen aus unserer Kirche zu Wort, die in der Mission tätig sind. Sie geben uns einen kleinen Einblick in ihre Arbeit.

 

Ich selbst war mit meiner Familie drei Jahre im Nordosten Nigerias für «Mission 21» tätig. Wir lebten sehr ländlich in einem kleinen Dorf. Die Jahre, in denen wir eng mit unseren nigerianischen Nachbarn zusammenlebten, haben uns tief geprägt. Unser Sohn war der einzige weisse Junge im Dorf und wurde von allen umsorgt, erzogen und geliebt. Wir haben einander an unseren Leben teilhaben lassen. Dadurch hat sich mein Herz verändert, mein Horizont erweitert und ich habe grossen Respekt für das Leben meiner Nachbarn entwickelt.

 

Vielleicht meint Mission genau das: Gemeinschaft über Kulturgrenzen hinweg eingehen, voneinander lernen, einander wahrnehmen und respektieren – in dem Wissen, dass Gott alle Völker mit seiner Liebe umschliessen will. Es geht nicht um Dogmen oder darum, Menschen zu verändern, sondern darum, dass ihre Herzen von der Liebe Gottes berührt werden. Im Buch «Mission? Geht’s noch?» schreibt Claudia Währisch-Oblau, dass «Mission eine Bewegung des Heiligen Geistes ist, die von überall nach überall geht, und dass alle Lernende sind». Daher findet Mission überall dort statt, wo Leben geteilt wird. Wir wurden als Familie durch unsere Nachbarn in Nigeria reich beschenkt.

 

Franziska Campbell

 


Gesandt sein

 

Beim Wort «Mission» denken viele an Kolonialzeit, Überlegenheit oder erzwungenes bekehrt Werden. Tatsächlich geschah in der Vergangenheit sehr viel Unrecht. Doch christliche Mission meint etwas anderes. Mission heisst wörtlich: gesandt sein. Menschen lassen sich senden, um anderen zu begegnen, ihre Sprache zu lernen, ihr Leben zu teilen und Hoffnung weiterzugeben – nicht bevormundend und mit Druck oder Angstmacherei, sondern auf Augenhöhe und im gemeinsamen Entdecken des Glaubens. Missionarinnen und Missionare investieren ihre Zeit, Kraft und Liebe, um Zeichen der Hoffnung zu setzen durch Bildung, medizinische Hilfe, Seelsorge oder Gebet.

 

Wir stellen hier jene Personen vor, die wir als Kirchgemeinde seit Längerem unterstützen: Familie Siegenthaler in Ägypten, Familie Sutter in Thailand und Jasmin Zaugg in Südkorea. Ihre unterschiedlichen Lebenswelten und Arbeitsfelder öffnen uns ein Fenster in die weltweite Kirche und zeigen: Mission ist aktuell – nicht als Eroberung, sondern als Einladung, einander zu stärken, voneinander zu lernen und Gottes Liebe weiterzugeben.

 

Barbara Stankowski

 


 

 

Gesandte

 

Raphael und Salam Siegenthaler mit ihren vier Kindern in Kairo

Alles begann Ende 2021, als es Gott unserem eritreischen Freund Samson aufs Herz legte, in Kairo eine Kindertagesstätte für eritreische und äthiopische Flüchtlingskinder zu eröffnen. Die Not, die er sah: Die meisten Geflüchteten müssen Vollzeit arbeiten, um sich finanziell über Wasser zu halten. Die Kinder werden bei einer Tagesmutter hinter den Bildschirm gesetzt und ruhiggestellt, was ihre gesunde Entwicklung stark beeinträchtigt. Von Beginn weg waren meine Frau Salam und ich als Lehrer in dieser Kita tätig. Als Samson ein Jahr später mit seiner Familie nach Kanada auswanderte, übertrug er uns die Leitung der Kita.

 

Heute besuchen 25–30 Kinder im Alter von einem bis sechs Jahren die Kita und wir beschäftigen fünf Lehrpersonen und zwei Hilfskräfte. Unser Hauptanliegen ist es, den Kindern einen Ort zu bieten, wo sie sich sicher fühlen und sich in einer liebevollen Umgebung gesund entwickeln können. Ziel ist es auch, den Kindern die englische Sprache zu vermitteln, da die meisten Flüchtlingsschulen gewisse Englischkenntnisse voraussetzen. Nicht zuletzt investieren wir auch in die Leben unserer Mitarbeitenden. Sie alle sind Geflüchtete – die meisten von ihnen junge Menschen, die sich in Ägypten auf dem Abstellgleis fühlen. Wir möchten ihnen eine Perspektive geben und die Möglichkeit, sich zu entwickeln und weiterzubilden.

 

 

Roger und Cindy Sutter mit ihren drei Kindern in Bangkok (Interview)

Roger, du hast nach 20 Jahren im Südpazifik (Vanuatu) neu angefangen in Thailand. Was ist dort deine Aufgabe? Wir haben schon auf Vanuatu junge Christen ausgebildet und pastoral gecoacht. Eine wachsende Zahl von Pazifik-Insulanern hat angefangen, dieses ganzheitliche Lebenskonzept weiterzutragen nach dem Grundsatz: Alle Menschen haben das Recht auf das Evangelium in ihrer eigenen Sprache sowie auf Bildung, Nahrung und Obdach. Geografisch ist Bangkok der beste Ort, diese Menschen in ihrer Mission zu begleiten.

 

Welche Rolle spielt deine Frau Cindy? Cindy ist auf Vanuatu aufgewachsen und kennt die Mentalität. Sie weiss besser als ich, was hier wichtig ist. Interkulturelle Ehen sind fast die Norm und so haben wir als interkulturelles Paar seelsorgerlich einiges weiterzugeben.

 

Was können Menschen, die mit euch im «Gästehaus» leben, mitnehmen? Hier finden durchreisende Missionare, die oft in schwierigen Settings gearbeitet haben, einen Ort der Regeneration und wir können ihnen pastorale und seelsorgerliche Unterstützung bieten. Sie können hier medizinische Termine wahrnehmen und im Familienanschluss, den wir hier «Pacific-Style» nennen, neue Kraft tanken.

 

 

Jasmin Zaugg in Busan

Ich lebe und arbeite seit vier Jahren in Busan, Südkorea. Momentan umfasst mein Teilpensum in der Big Forest Church ein wöchentliches Treffen mit den jungen Müttern, das Mitwirken im Kleinkindergottesdienst, Bürozeit für Planung, Administration, Sitzungen und Vorbereitungen sowie eine Predigt pro Monat im Gottesdienst für die jungen Erwachsenen. Zudem bin ich Kleingruppenleiterin, professionelle Teeserviererin und Zuhörerin sowie mitverantwortlich für die Betreuung unserer zahlreichen Gäste aus aller Welt. An drei Tagen pro Woche unterrichte ich Englisch, Bibelstudium und Handarbeiten in der kleinen Privatschule unserer Kirche.

 

Das alles dient als Rahmen für das, was mir besonders am Herzen liegt: Ich möchte mit Jesus zusammen Einheit schaffen, Glauben stärken, Herzen heilen und ermutigen. Ich wünsche mir aus der Ausrichtung auf Gott heraus tiefgreifende Veränderungen, die anderen weiterhelfen. Die Big Forest Church versteht sich als Familie, und das Wichtigste, was man für eine Familie tun kann, ist, sie von ganzem Herzen zu lieben, in praktischer Art zu dienen und zu segnen, Hingabe für Jesus vorzuleben und den Himmel auf die Erde zu beten. Manchmal bin ich Vermittlerin, Brücke oder Beraterin. Aber mehr als das bin ich Schwester, Tochter und Tante.