Das 50. Lebensjahr

Es sollte bewusst und festlich gestaltet werden, sagte mir eine Kollegin an meinem 49. Geburtstag. Schliesslich habe ich den siebenjährigen Lebenszyklus siebenmal erlebt, das 50. Lebensjahr darf ich mit dankbarer Freude füllen: Das Leben feiern, ein Fest leben, das den Alltag nicht unterbricht, sondern ihn durchfliesst.

 

So hatte ich das biblische Jubeljahr, auch Erlassjahr genannt, noch nicht betrachtet. Das Konzept, dass die Israeliten in jedem 50. Jahr ihren Volksangehörigen Schuldenerlass gewähren, Schuldsklaverei aufheben und ihr Erbland zurückgeben (siehe 3. Mose 25) war mir bekannt, aber ein persönliches Jubeljahr zu feiern war mir neu.

 

Angefangen habe ich mit Kleinigkeiten. Mein Glaubensleben habe ich festlich-luxuriös gestaltet mit viel Zeit zum Gebet, Bibellesen und Übungen in Kontemplation. Den Tisch haben meine Frau und ich auch an einigen Wochentagen so gedeckt, als ob es Sonntag wäre. Wir haben auch Weine geöffnet, die seit Jahren im Regal auf einen «passenden Anlass» warteten. Nicht alle waren noch geniessbar. Wir haben Ausstellungen besucht und die Ausflüge unternommen, die wir sonst nur planen, oder sofort in die Schublade «Wäre mal schön» stecken. Im Sommer haben wir auch einen alten Ferientraum verwirklicht. Wir waren schlecht vorbereitet aber umso reicher beschenkt.

 

Wir, schreibe ich, denn ein Jahr lang in einem Fest zu leben, geht nicht allein. Ein persönliches Jubeljahr ist nicht individuell. Das Fest wird auch dadurch besonders, dass wir es teilen. Hier wurden Vergebung und Wiederherstellung durch Schuld belasteter Beziehungen auch wichtig. Das persönliche Jubeljahr ist auch ein Erlassjahr.

 

Der Höhepunkt des Jahres war unser 20. Hochzeitsjubiläum, das wir mit einem Segnungsfest und etwa hundert Gästen feierten. Solch ein Jubeljahr tut gut, ich will das nächste nicht erst in 49 Jahren anfangen.

 

Tibor Szedlák